Auf den ersten Blick scheint der Bahnhof Günzburg für Rollstuhlfahrer ideal zu sein. Doch nur mit einem speziellen Gerät könnten auch sie ICE oder IC nutzen. Doch daran scheitert es hier.
Dank der Aufzüge ist der Günzburger Bahnhof barrierefrei. Einen Zug zu nutzen sollte daher auch für Rollstuhlfahrer kein Problem sein. Sollte. Denn im Gegensatz zu den Regionalzügen sind die Einstiege des Fernverkehrs selber nicht barrierefrei, wobei beim Nahverkehr der Lokführer eine Rampe zwischen Zug und Bahnsteig legen muss, was vorher anzumelden ist. Aber um beim ICE oder Intercity zuzusteigen, braucht es gar eine vom Bahnpersonal zu bedienende Einstiegshilfe, eine Art Hublift – was es am Günzburger Bahnhof nicht gibt. Darauf hat ein Leser unsere Redaktion aufmerksam gemacht. Er wünscht sich nicht nur von der Bahn, sondern auch vom Landkreis und der Stadt mehr Engagement, um das zu ändern.
Außer diesem Herrn habe sich bislang aber niemand für eine Fahrt ab Günzburg mit einem „Rollstuhltransport“ interessiert und dies bei der Stadt Günzburg kundgetan, erklärt die städtische Sprecherin Julia Ehrlich. Der Mobilitätsservice der Deutschen Bahn stehe in Günzburg tatsächlich nur für Regionalzüge, nicht aber für den Fernverkehr zur Verfügung. Für diese Züge werde ein Hublift pro Bahnsteig benötigt. „In Günzburg sei die Nachfrage hierfür zu gering, so unsere Information.“ Stattdessen könnten Fahrgäste bis Ulm mit dem Regionalzug fahren und dort etwa in den ICE oder Intercity umsteigen. Zustiegsmöglichkeiten mit Rollstuhl gebe es auch in Augsburg. Man müsse das aber rechtzeitig beim Mobilitätsservice der Bahn anmelden, damit der Hublift bereitgestellt wird.
Auch die Schließung des Reisezentrums in Günzburg ist für Behinderte problematisch
Günzburgs Behindertenbeauftragter Thomas Burghart ergänzt, dass die Bahn bereit sei, am Bahnhof Hublifte vorzuhalten. Allerdings nur, wenn etwa eine Hilfsorganisation sich darum kümmern würde. Aus eigener Erfahrung als Rollstuhlfahrer wisse er, dass das keine wirkliche Unabhängigkeit beim Reisen bedeute, schließlich stünden Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) oder Johanniter ja nicht rund um die Uhr dafür bereit, wenngleich es solche Angebote an anderen Bahnhöfen durchaus gebe. Seitens der Stadt Günzburg habe man sich in dieser Sache mehrfach mit der Bahn in Verbindung gesetzt, das Unternehmen sei allerdings völlig unflexibel.
Wenn die Bahn ihr Reisezentrum Ende nächsten Jahres schließt (wir berichteten), bedeute das nicht nur weniger Service beim Fahrkartenkauf, sondern auch bei der Reservierung einer Einstiegshilfe für einen anderen Bahnhof. Im direkten Gespräch gehe das unkompliziert und besser als übers Internet oder Telefon. „Die Bahn zieht sich immer mehr zurück, es ist traurig.“
Er persönlich fahre auch lieber mit dem Nahverkehrs-Konkurrenten Agilis, weil man dort nur zwei Stunden vorher Bescheid sagen müsse, damit der Lokführer die Rampe zwischen Bahnsteigkante und Zug legt. Bei der DB solle das mindestens acht Stunden vorher sein. Würde Personal am Bahnhof vorgehalten, gäbe es viel weniger Umständlichkeiten, findet Burghart, wenngleich er auch sagt, dass dieses an einem Bahnhof wie Günzburg im Gegensatz zu Ulm oder Augsburg natürlich viel weniger zu tun hätte. An größeren Bahnhöfen kümmere sich übrigens die Bahnhofsmission um die Hublifte.